31. Januar 2017 | Marathon-NewsPresse-News

Marcus Schöfisch: „Ich werde laufen, so lange mich meine Beine tragen“

Marcus Schöfisch über seinen überraschenden deutschen Meistertitel, überkochende Emotionen in der Festhalle und seinen Alltag zwischen Polizeidienst und Lauftraining.
 
Dein Jubel im Ziel hat viele Leute bewegt, weil er so pur war und Du Deine Leistung so authentisch ungläubig registriert hast. Wie hast Du die letzten Meter in der Festhalle erlebt?
In der Festhalle sind meine Emotionen übergekocht. Als ich gesehen habe, dass für mich das Siegerband ausgerollt wurde, da bin ich völlig eskaliert. Ich bin dann gleich zu Boden gegangen, weil ich absolute Muskelkrämpfe hatte. Ganz kurz habe ich sogar gedacht, dass ich es nicht mehr bis ins Ziel schaffe. Dort auf dem roten Teppich liegend war ich so erleichtert. Weil ich mich für die ganze Arbeit endlich mal belohnt habe. Das war der schönste Moment meiner Karriere.
Hast Du daran geglaubt, bei Deiner Marathon-Premiere direkt Deutscher Meister (2:20:08 Stunden) werden zu können?
Ich wusste, dass die Chance auf ein richtig gutes Ergebnis bestand. Einfach weil die besten deutschen  Läufer entweder bei Olympia waren oder verletzt fehlten. Diese Chance, die es wohl kein zweites Mal gibt, wollte ich unbedingt nutzen. Dann hatte ich das gesamte Rennen keinen energetischen oder mentalen Hänger. Zumal der Support und die Begeisterung der Zuschauer in Frankfurt gigantisch waren – das hatte ich in meiner Karriere so noch nicht erlebt. Im Frühjahr werde ich in Hamburg starten und dann wieder auf Frankfurt als Saisonhöhepunkt hinarbeiten. Vielleicht kann ich ja meinen Titel verteidigen.
Wie motivierst Du Dich, was treibt Dich im Trainingsalltag an?
Ich möchte meinen Körper immer an die Grenze bringen und darüber hinaus – und dabei natürlich auch erfolgreich sein. Ich laufe natürlich auch, weil es mir Spaß macht und weil es meine Leidenschaft ist, aber ich brauche immer Ziele, die ich verwirklichen kann. Ich habe einen starken Willen. Leistungssport ist für mich ein Lebensgefühl, eine Lebenseinstellung die ich ausüben werde, so lange mich meine Beine tragen.
Haben Dich die nicht wenigen Rückschlägen in Deiner Laufbahn in Frankfurt beflügelt?
Sportlich gesehen waren die vergangenen Jahre bei mir eigentlich eine reine Talfahrt. Ich bin vor sieben Jahren in deutscher U-23-Meister im Hindernislauf geworden und habe natürlich gedacht, dass es von nun an immer so weitergeht. Das war aber überhaupt nicht der Fall. Entscheidend war der Weg, den ich mit meinem neuen Trainer Ronny Martick gegangen bin. Dass es nach sieben durchwachsenen Jahren in Frankfurt so super funktioniert, hätte ich aber nie gedacht.
Wie hast Du zum Laufsport gefunden und bist letztlich auf der Marathondistanz gelandet?
Ich habe in der Jugend eine gute Leichtathletik-Grundausbildung genossen mit Weitsprung, Sprint und so weiter. Dann habe ich begonnen, mich aufs Laufen zu konzentrieren – ich wollte immer als Erster über die Ziellinie laufen, wollte Bester in Sachsen und dann in Deutschland werden. Der Mythos Marathon war schon lange in meinem Kopf. Ich habe mir fast jeden Marathon im Fernsehen angeschaut. Arne Gabius läuft seinen ersten Marathon in Frankfurt unter 2:10 Stunden, Arne Gabius läuft in der Festhalle deutschen Rekord – diese Bilder waren gigantisch. Im vergangenen Jahr habe ich mir dann gesagt: entweder ganz oder gar nicht. Ich war im Frühjahr verletzt und habe mich dann ganz auf die Vorbereitung auf den Frankfurt Marathon fokussiert.
Wie meisterst Du die Herausforderung, Marathontraining und Deine Stelle bei der Polizei in Leipzig zu verbinden?
Es ist sehr schwer, den Leistungssport so umzusetzen, wie ich mir das konkret vorstelle. Allein deshalb, das ich sehr viel arbeiten muss und auch ungeplante Dienst dazukommen können. Da gilt es, viel zu improvisieren. Mein Trainer und ich haben einen Plan im Kopf, wie ich zu den Marathons im Frühjahr und Herbst topfit an den Start gehen kann. Der Erfolg kommt nicht ohne Verzicht. Aber wenn man weiß, wohin man will, dann geht alles. Ich will einfach wissen, wie weit ich in meinem Sport kommen kann.

Zieleinlauf Deutscher Meister 2016 - Marcus Schöfisch