18. Januar 2021 | Running-News

Die Halbmarathon-Bilanz der Frauen 2020: Das beste Jahr aller Zeiten

Es war das beste Halbmarathon-Jahr der Frauen aller Zeiten: Insgesamt wurden 2020 drei Weltrekorde gelaufen, zudem blieben erstmals drei Athletinnen in einem Kalenderjahr unter 65 Minuten. Die Äthiopierin Ababel Yeshaneh lief mit ihrem Weltrekord von 64:31 Minuten im Februar in Ras Al Khaimah in den Vereinigten Arabischen Emiraten die beste Zeit des Jahres. Auch in der Breite der Spitze produzierten die schnellsten Läuferinnen trotz der Coronavirus-Pandemie und einer damit verbundenen stark eingeschränkten Zahl von hochklassigen Rennen einmalige Ergebnisse. Während die Kenianerin Peres Jepchirchir bei der Halbmarathon-WM – der einzigen Leichtathletik-Weltmeisterschaft, die im Pandemie-Jahr 2020 stattfand – den Titel gewann, stürmte Melat Kejeta sensationell bei ihrem ersten Start für Deutschland zur Silbermedaille. Mit 65:18 Minuten pulverisierte sie den deutschen Rekord und wurde zur zweitschnellsten Europäerin aller Zeiten. Auch in der Breite waren die deutschen Topläuferinnen über die genau 21,0975 km lange Distanz so stark wie noch nie.

 

Ababel Yeshaneh hatte auf der flachen Strecke in Ras Al Khaimah, wo im Februar vor der Corona-Pandemie noch unter normalen Bedingungen gelaufen werden konnte, für den ersten Paukenschlag des Jahres gesorgt. Überraschend setzte sie sich im Duell mit Kenias Ausnahmeläuferin Brigid Kosgei durch und unterbot den bisherigen Weltrekord um 20 Sekunden. Während Brigid Kosgei in 64:49 Minuten Zweite wurde, lief eine andere Athletin die zweitschnellste Zeit des Jahres: Yalemzerf Yehualew (Äthiopien) gewann den Neu-Delhi-Halbmarathon, der aufgrund der Corona-Pandemie im November als reines Eliterennen auf einer veränderten Strecke stattfand, in 64:46. Damit blieben 2020 erstmals gleich drei Läuferinnen unter 65 Minuten. Und dieses Trio belegt nun auch in der Liste der schnellsten je gelaufenen Zeiten die ersten drei Ränge.

 

Neben der globalen Bestzeit von Ababel Yeshaneh wurden 2020 auch zwei Weltrekorde in reinen Frauenrennen gelaufen. Der internationale Leichtathletik-Verband World Athletics führt seit einiger Zeit bei den Straßen-Laufwettbewerben der Frauen auch einen Weltrekord für Rennen, in denen Frauen separat und ohne männliche Tempomacher laufen. Es war 2020 zweimal Peres Jepchirchir, die diese Marke unterbot. Zunächst lief die Kenianerin in Prag 65:34, dann verbesserte sie ihre eigene Bestzeit in Gdynia beim WM-Triumph auf 65:16.

 

Wie stark die internationale Spitze im Corona-Pandemie-Jahr war, zeigt sich, wenn man auf die weiteren Topzeiten blickt. Gleich 16 Ergebnisse von unter 66 Minuten wurden 2020 gelaufen – so viele wie noch nie. 2019 hatte es elf derartige Zeiten gegeben, 2018 und 2017 waren es jeweils sieben.

 

Die einzige Läuferin, die 2020 eine derartige Zeit erreichte und nicht für ein afrikanisches Land startet ist Melat Kejeta. Dass es der 28-jährigen deutschen Läuferin, die aus Äthiopien stammt und für das Laufteam Kassel startet, gelungen ist, sich beim WM-Rennen derart zu verbessern, war eine Sensation. Mit einer Bestzeit von 68:41 Minuten an den Start gegangen, steigerte sie sich auf famose 65:18. Damit hatte sie auch den 25 Jahre alten deutschen Rekord von Uta Pippig (67:58) pulverisiert. Die schnellste Zeit einer Europäerin – die ebenfalls aus Äthiopien stammende Holländerin Sifan Hassan hält diese Bestzeit mit 65:15 – verpasste Melat Kejeta um lediglich drei Sekunden. Da Sifan Hassan diesen Europarekord jedoch in einem gemischten Rennen gelaufen war, hält Melat Kejeta nun die kontinentale Bestzeit für reine Frauenrennen.

 

Mit ihrer Weltklassezeit, mit der sie auf Rang sechs der Jahresweltbestenliste und auf Platz eins der europäischen Bestenliste 2020 platziert ist, legte Melat Kejeta den Grundstein zu einer ebenso sensationellen Bronzemedaille für das deutsche Team bei der Halbmarathon-WM. Zu diesem Team gehörten auch Laura Hottenrott (TV Wattenscheid), die sich auf 70:49 Minuten steigerte und damit Rang 26 belegte, Rabea und Deborah Schöneborn (beide LG Nord Berlin), die in 72:35 beziehungsweise 72:39 die Plätze 54 und 55 belegten, und Fabienne Königstein (MTG Mannheim/Rang 87 in 77:03).

 

Bemerkenswert ist auch, dass die Nummer zwei und drei der deutschen Jahresbestenliste 2020 gar nicht bei der WM an den Start gegangen sind: Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg) steigerte sich auf 69:43 und Alina Reh (SSV Ulm) hatte 70:08 erreicht.

 

Zum ersten Mal seit zwölf Jahren liefen wieder zwei deutsche Athletinnen binnen eines Kalenderjahres Zeiten von unter 70 Minuten: 2008 waren Irina Mikitenko und Sabrina Mockenhaupt jeweils 68:51 gelaufen. Dass im vergangenen Jahr vier deutsche Läuferinnen unter 71 Minuten blieben und insgesamt sechs unter 72:00 ist einmalig in der Geschichte dieser allerdings noch recht jungen Laufstrecke. Von den zehn schnellsten deutschen Halbmarathon-Läuferinnen des Jahres 2020 erzielten gleich acht persönliche Bestzeiten.

 

 

Die Jahres-Bestenlisten 2020

 

International:

64:31  Ababel Yeshaneh               ETH    Ras Al Khaimah/UAE         21.2.

64:46  Yalemzerf Yehualew                      ETH    Neu-Delhi                             29.11.

64:49  Brigid Kosgei                                   KEN   Ras Al Khaimah/UAE         21.2.

65:06  Ruth Chepngetich               KEN   Neu-Delhi                             29.11.

65:16  Peres Jepchirchir                KEN   Gdynia/POL                         17.10.

65:18  Melat Kejeta                         GER   Gdynia/POL                         17.10.

65:18  Genzebe Dibaba                 ETH    Valencia                               6.12.

65:19  Yehualew (2)                                               Gdynia/POL                         17.10.

65:21  Yeshaneh (2)                                              Neu-Delhi                             29.11.

65:34  Rosemary Wanjiru              KEN   Ras Al Khaimah/UAE         21.2.

65:34  Jepchirchir (2)                                  Prag                                       5.9.

65:39  Zeineba Yimer                     ETH    Gdynia/POL                         17.10.

65:39  Sheila Kiprotich                   KEN   Valencia                               6.12.

65:41  Yeshaneh (3)                                              Gdynia/POL                         17.10.

65:51  Senbere Teferi                     ETH    Valencia                               6.12.

65:58  Joyciline Jepkosgei            KEN   Gdynia/POL                         17.10.

 

 

Deutschland:

65:18 *           Melat Kejeta             Laufteam Kassel                             Gdynia/POL  17.10.

69:43 *           Miriam Dattke           LG Telis Finanz Regensburg       Dresden        8.11.

70:08              Alina Reh                  SSV Ulm                                           Barcelona     16.2.

70:49 *           Laura Hottenrott       TV Wattenscheid                            Gdynia/POL  17.10.

71:37 *           Debora Schöneborn           LG Nord Berlin                                Barcelona     16.2.

71:40 *           Rabea Schöneborn LG Nord Berlin                                Barcelona     16.2.

72:23 *           Katharina Steinruck LG Eintracht Frankfurt                   Frankfurt       13.9.

72:32 *           Domenika Mayer     LG Telis Finanz Regensburg       Barcelona     16.2.

73:26 *           Thea Heim                LG Telis Finanz Regensburg       Barcelona     16.2.

74:03              Fabienne Königstein MTG Mannheim                            Neapel           23.2.

 

  • = persönliche Bestzeit

 

 

Die schnellsten je gelaufenen Zeiten

 

64:31  Ababel Yeshaneh               ETH                Ras Al Khaimah/UAE         2020

64:46  Yalemzerf Yehualew                      ETH                Neu-Delhi                             2020

64:49  Brigid Kosgei                                   KEN               Ras Al Khaimah/UAE        2020

64:51  Joyciline Jepkosgei            KEN               Valencia                                2017

64:52  Jepkosgei (2)                                               Prag                                       2017

64:52  Fancy Chemutai                  KEN               Ras Al Khaimah/UAE         2018

64:55  Mary Keitany                        KEN               Ras Al Khaimah/UAE         2018

65:04  Joan Melly                            KEN               Prag                                       2018

65:06  Peres Jepchirchir                KEN               Ras Al Khaimah/UAE         2017

65:06  Ruth Chepngetich               KEN               Neu-Delhi                             2020

65:07  Caroline Kipkirui                 KEN               Ras Al Khaimah/UAE         2018

65:09  Florence Kiplagat                KEN               Barcelona                             2015

 

 

Die schnellsten Deutschen aller Zeiten

 

65:18  Melat Kejeta (Laufteam Kassel)                                       Gdynia/POL             2020

67:58  Uta Pippig (SCC Berlin)                                                    Kyoto/JPN                1995

68:45  Sabrina Mockenhaupt (Kölner Verein für Marathon)   Berlin                         2009

68:51  Irina Mikitenko (TV Wattenscheid)                                              Paderborn                 2008

69:15  Katrin Dörre-Heinig (SC DHfK Leipzig)                          Grevenmacher/LUX            1998

69:29  Alina Reh (SSV Ulm)                                                         Köln                           2018

69:35  Luminita Zaituc (LG Braunschweig)                                Grevenmacher/LUX            2004

69:36  Melanie Kraus (Bayer Leverkusen)                                 Grevenmacher/LUX            1999

69:43  Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg)               Dresden                    2020

70:09  Claudia Lokar (TV Wattenscheid)                                               Paderborn                 1996

 

Text und Statistik: race-news-service.com

Fotos: RAK/Colombo, World Athletics/Dan Vernon

Ababel Yeshaneh brach im Februar den Weltrekord in Ras Al Khaimah. | Foto: RAK/Colombo